Heute abend informiert die Stadt Lingen über die aktuellen Planungen zur Kontrolle der industrialisierten Tierhaltung. Parallel erscheint die Pressemitteilung des Landkreises mit den Ergebnissen der ersten unangekündigten Kontrollen der bereits existenten Massentierhaltungsanlagen, die seit diesem Frühjahr unternommen wurden. Die Kontrolleure, zehn pensionierte Polizisten und ein ehemaliger Lehrer, waren für ihre Tätigkeit geschult worden. Diese Kontrollen sind – erste – Zeichen des Landkreises, mehr Augenmerk auf die Folgen der Fehlentwicklung der letzten Jahre zu legen. Bis dahin beschränkte sich die Kontrolle des Landkreises auf die vorgelegten Pläne, Abgleiche mit der Realität fanden nicht mehr statt.
Die genaue Anzahl der Anlagen ist wohl weiterhin nicht bekannt. Im vergangenen Jahr hatte die Gruppe Attac hier Abhilfe geschaffen durch eine Bürger-basierte Erfassung, und kam auf die Anzahl von allein ca. 270 Hähnchenmastanlagen, was einem geschätzten Erfassungsgrad von 2/3 entspricht.
In den letzten Monaten nun wurden 257 Masentierhaltungsanalgen überprüft. Auffällig mit „gröberen Mängeln“ wurden 8,9 %. Die bei der Überprüfung beanstandeten Betriebe mit größeren Mängeln müssen in zwei Fällen mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen; in einem Stall sind Mängel an der Filteranlage, in einem anderen eine fehlende Genehmigung für bauliche Veränderungen der Anlass für das Verfahren. In 21 weiteren Fällen wurde ein Zwangsgeld angedroht, damit die von der Verwaltung festgestellten Mängel bis zu einer bestimmten Frist vom Stallbetreiber beseitigt werden. Es folgen späterhin Nachkontrollen.
Im Mai noch hatte Landrat Bröring davon gesprochen, dass die Kontrollen auch wieder eingestellten werden könnten, wenn die Beanstandungen in Art und Umfang gering seien. Nun heißt es: „Im Ergebnis können wir zufrieden sein“, sagt Landrat Hermann Bröring. Noch befänden sich die Kontrollen in einer Testphase, betont er. Die Mängelliste sei kurz und die Zahl der Beanstandungen relativ gering. „Sie gehen erst einmal weiter – und damit auch die Mängelbeseitigung“.
Die BürgerNahen fragen:
1. Sind 8,9 Prozent gering (NEIN- lautet hier die Antwort, die wir ausnahmsweise aus gegebenem Anlass direkt dazu geben wollen…. Sie wissen, nur wer die richtigen Fragen stellt, erhält die richtige Antwort…)
2. Werden alle Anlagen überprüft werden?
3. Hat der Landkreis nun ein aktuelles Register?
4. Kann anhand der erhobenen Zahlen das Maß der Gewässer- und Luftbelastung weiter eingeschätzt werden?
5. Taugt die Kontrolle zur weiteren Regulierung?
6. Ist die Einhaltung der Auflagen schon eine politische Forderung oder etwas, das der Bürger eigentlich als selbstverständlich voraussetzt?
7. Wie ist das Ergebnis der Prüfungen in Lingen?
Ergänzung: der gestrige Abend war durchaus laut und turbulent, nicht zuletzt wegen der vielen Bawinkler Bürger, die sich mit Zwischenrufen und Trillerpfeifen in etwas unerwarteter Manier beteiligten.
Diese Form der Bürgerbeteiligung krankt daran, dass der Bürger nicht „sich beteiligt“, sondern „beteiligt wird“. Es ging vor allem um die Vermittlung des sogenannenten Lingener Modells, das von OB Krone, Herrn Lisiecki und Herrn Schulte verkauft werden sollte. Die „Verkäufer“ behaupteten eine gute Schutzwirkung für die Ewigkeit – und diese Eigenschaften nahm ihnen das Publikum bezogen auf ein Produkt, das nur ein Notbehelf sein kann, einfach nicht ab. Schwer zu vereinen waren auch die verschiedenen Gesprächsebenen: wenn ein Bürger sagt: ich bin aber doch auch ein Mensch und habe Schutzrechte! und der Jurist ihm dann sagt, im Prinzip schon, aber sie wohnen ja im Außenbezirk – dann wird das mit der gegenseitigen Wertschätzung irgendwie schwierig.
Ganz klar ist das Lingener Modell eine Verhinderungsplanung, die diesen Eindruck nicht erwecken darf. Denn die Idee ist, dass die einmalige Ausweisung von Sonderflächen die Stadt dauerhaft dazu berechtigt, alle weiteren Bauanträge „in der Regel“ abzuschmettern, unabhängig davon, ob überhaupt noch Platz auf den Sonderflächen ist.
Wenn OB Krone dann auch noch verschwörerisch lächelnd bekannt gibt, garantiert unattraktive Konditionen festzusetzen, so dass eigentlich auch auf die Sonderflächen niemand bauen könnte, dann wirkt das Ganze schon ein wenig kafkaesk.
Vielleicht wird diese Veranstaltung mal als Beweis angeführt, dass die ganze schöne Planung nur als Verhinderungstaktik gedacht war – dann wird sich bestimmt irgendwann ein Landwirt (Achtung: das sind die Guten) oder ein Investor (Achtung: das sind die Bösen, die sich laut OB Krone auch richtig gute Anwälte leisten können) finden, der das ganze juristisch zu Fall bringt.
Zu der ehrlichen Einschätzung, dass man hiermit nur Zeit gewinnen kann, bis die Kommunen endlich wirksame Rechtsmittel an der Hand haben, konnte sich keiner der „Verkäufer“ durchringen. Schade eigentlich.