Bei fünf Gegenstimmen wurde der Haushalt 2017 der Stadt Lingen (Ems) am 27.04.2017 beschlossen. Dagegen waren die BN und die FDP – aus identischen Gründen. Die Rede des BN-Fraktionsvorsitzenden Robert Koop:
Ich will hier kein Kommunalprogramm vortragen, wie wir es eben gehört haben, sondern zum Haushalt sprechen. Zunächst eine Gemeinsamkeit mit den anderen Fraktionen: Unsere Fraktion der BürgerNahen hat sich in mehreren Sitzungen mit dem vorliegenden Haushaltsplan befasst. Das und die Art und Weise, wie wir dies getan haben, hat immerhin dazu geführt, dass wir als einzige von Hermann Gebbeken (CDU) hier erwähnt wurden.
Vorweg und ganz klar: Wir sind mit diesem Etat nicht glücklich, der in wirtschaftlich guten Zeiten aufgestellt wird, aber deutlich zu wenig für die Zukunft tut und möglicherweise einmal weniger gute Zeiten.
Man kann mit dem Etatentwurf 2017 nicht zufrieden sein. Im Wesentlichen aus drei Gründen:
1) Einmal mehr ist zu kritisieren, dass der Etat so spät aufgestellt wird. Die erste Hälfte des laufenden Jahres wird fast vorüber sein, bevor der Etat rechtskräftig festgestellt werden kann. Das Gesetz verlangt aber die Aufstellung nicht nur zur „Jahresmitte“ sondern vor jedem Haushaltsjahr. Wir sind besorgt, wie schnell –trotz aller lobenswerten Aufräumarbeit der Kämmerin- über diese verbindliche Regel hinweggegangen wird.
2) Gleich soll ein Haushalt mit einem strukturellen Defizit von mehr als 3,3 Mio Euro beschlossen werden. Das lehnen wir ab und wir warnen davor, so weiterzumachen wie in den letzten Jahren. Es geschieht nichts, um dieses strukturelle Defizit abzubauen. Es hat eine jahrelange sogenannte Aufgabenkritik gegeben, die nichts gebracht hat, weil die Verwaltungsspitze –mit dem aufgebläht wirkende OB-Büro vorneweg- keine Einsparvorschläge bei den Verwaltungskosten, vor allem im Personaletat zu machen. Sie macht nur Vorschläge, neue Stellen zu schaffen. Die heilige Kuh „Personaletat“ wird nicht angetastet. Das strukturelle Minus wird folgerichtig bleiben. Wir BürgerNahen mahnen die Ratskollegen, diese besondere Art des „Weiter so“ zu beenden. Keine Verantwortung zu übernehmen führt in eine Sackgasse. Wir müssen von der Verwaltungsspitze mehr Engagement einfordern, bei den eigenen Ausgaben zu sparen.
Nur auf den ersten Blick positiv: Das strukturelle Defizit reduziert sich nach den Planungen in den nächsten Jahren. Das ist allerdings eine Milchmädchenrechnung und nur dem Umstand geschuldet, dass die Zukunft nicht planvoll angegangen wird und erst kurzfristig und später die Maßnahmen Eingang in die Haushalte finden.
Auch der geplante Grunderwerb in Höhe von 4,2 Millionen Euro für 2017, bedeutet nicht, dass die Stadt in der Wirtschaftsförderung weiter sinnvolle Impulse setzen will. Dafür werden die Immobilien nicht zum realen Wert veräußert sondern zu extrem subventionierten Preisen.
Die BN erwecke den Eindruck, dass die Verwaltung ihre Arbeit nicht mache, hat zu unserer Forderung, pauschal 2,5% die Personalmittel zu kürzen, hat Günter Reppien (CDU) gesagt. Das ist natürlich nicht richtig. Wir meinen nur, dass man besser und effektiver das Personal einsetzen kann. Die von uns BürgerNahen geforderte Kürzung des Personaletats um 2,5 Prozent macht in der Summe rund 600.000 Euro und 10 oder 12 Stellen aus. Das geht durchaus so. Erst nach der Sommerpause soll bekanntlich seitens der Verwaltung ein Personalentwicklungskonzept vorgestellt werden. Diesen Plan erst dann aufzustellen, ist aber zu spät. Weshalb unsere Forderung, grundsätzlich Stellen erst nach einem halben Jahr Wartefrist neu zu besetzen, damit irgendwas zu tun hat, dass die Stadt deshalb kein attraktiver Arbeitgeber wäre, wie eben zu hören war, nicht nur ein unerfahrener, neuer Ratskollege in der Ausschussberatung meinte, muss man nicht verstehen.
Es mag auch sein, dass es neue Aufgaben gibt, etwa im Ganztagsbereich der Schulen, in der städt. Kita etc., die zu Personalzuwächsen führen kann. Aber genauso gibt es –wie überall in Wirtschaft und Verwaltungen- wegfallende Aufgaben, die Einsparungen ermöglichen. Ein Beispiel sind die sogenannten Ortsverwaltungen. Das Thema Personalkosten kann auch keineswegs nur langfristig beantwortet werden, wie gesagt wurde. Oder mittelfristig, wie Kollege Hermann Gebbeken es seit Jahren immer wiederholt. Immer mittelfristig müsse sich etwas ändern, sagt er – bloß: Es ändert sich nichts. Es muss hier und jetzt gehandelt werden. Unsere Forderung nach 2,5 prozentiger Kürzung für völlig falsch und unrealistisch zu halten, verkennt, was in anderen Kommunen möglich ist, wenn der Wille vorhanden ist. Der Wille! Und, lieber Kollege Fuest, 2,5 % sind „keine brutale Schnitte“. Zur Erinnerung: Diese Kürzung entspricht 2,5 Stellen von 100. Was soll daran brutal sein? Brutal ist das nicht. Hier ist die Verwaltungsspitze gefordert, eigene Sparvorschläge zu machen. Das fehlt weiterhin.
Bei einem strukturellen Defizit von mehreren Millionen Euro im Haushalt müssen jedenfalls die Personalkosten angegangen werden, um unsere Stadt zukunftsfest zu machen. Davon sind wir überzeugt.
3) Apropos zukunftsfest: Wir haben knapp 20 konkrete Vorschläge für diesen Haushalt 2017 gemacht – überwiegend zum Personaletat, aber weiß Gott nicht nur. Aber alle unsere Vorschläge sind vom Tisch gewischt und abgelehnt worden. Ausnahmslos. Wir haben gleichzeitig konstruktiv mitgearbeitet und Vorschläge sachlich diskutiert und teils auch befürwortet, unabhängig davon, welche der anderen Fraktionen sie unterbreitet hat. Mit Bedauern stellen wir aber fest, dass man unseren Vorschlägen nicht die gleiche demokratische Fairness entgegengebracht hat. Tatsächlich scheinen gerade die, die uns gerne vorwerfen, immer dagegen zu sein, unsere Punkte aus Prinzip – oder aus Furcht vor einer Inhaltlichen Auseinandersetzung? – abzulehnen – geradezu fundamentaloppositionell.
Angesichts dessen wird jeder hier im Raum Verständnis dafür haben, dass wir diesen „Haushalt ohne jeden Mut für Veränderung“ ablehnen.

Leuchtende Wolke. Produktionsreste werden abgefackelt.
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